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Marcus Tullius Cicero

In Verrem, II 4

[1] Nun komme ich zu dem von dem da, wie er es selbst Hobby, seine Freunde Krankheit und Wahn und die Sizilianer Räuberei nennen. Ich weiß nicht, mit welchem Namen ich es benennen soll. Ich werde euch diese Sache vorlegen, wägt diese nicht nach dem Gewicht des Namens, sondern nach ihrem eigenen Gewicht ab. Erkennt zuerst sein Wesen, ihr Richter. Dann werdet ihr vielleicht nicht so sehr suchen, wie ihr glaubt zu müssen, um dies mit einem Namen zu benennen.
Ich behaupte, dass es in ganz Sizilien, dem so reichen, der so altem alten Provinz, mit so vielen Städten und so vielen reichen Familien, kein silbernes Gefäß, kein korinthisches oder delisches gegeben habe, keine Gemme oder Perle, nichts aus Gold oder Elfenbein gemachtes, keine bronzene, marmorne oder elfenbeinerne Plastik, kein Gemälde weder auf einer Holztafel noch auf Textilien, die er nicht beschlagnahmt, inspiziert, was ihm gefalle, und weggenommen habe.

[2] Ich scheine viel zu sagen: achtet auch darauf, wie ich es sagen werde: Denn ich lege alles nicht der Vermehrung der Worte oder der Anklagepunkte wegen dar. Indem ich sage, dass der da nichts von diesen Sachen in der ganzen Provinz zurückgelassen hat, wisst ihr, dass ich auf gut Latein rede und nicht in der Sprache des Anklägers. Noch deutlicher: Dieser ließ nichts in dem Haus eines gewissen, nicht einmal in dem eines Freundes, nichts an öffentlichen Orten, nicht einmal in Tempeln, nichts bei einem Sizilianer, nichts bei einem römischen Bürger, schließlich nichts, das ihm vor die Augen und in den Sinn gekommen ist, weder Privates noch Öffentliches, weder Profanes noch Heiliges auf ganz Sizilien.

[3] C. Heius – alle, die nach Messina gekommen sind, werden mir das zugestehen – ist der mit allen Dingen in jener Stadt der am besten ausgestattete Mamertiner. Dessen Haus ist das beste in Messina, das sicher bekannteste und unseren Landsleuten das offenstehendste und gastfreundlichste. Dieses Haus war vor der Ankunft dieses da so geschmückt, dass es auch der Stadt zur Zierde gereichte. Denn Messina selbst, das durch seine Lage, seine Stadtmauer und seinen Hafen geschmückt ist, ist von diesen Dingen, von welchen dieser da erfreut wird, vollkommen leer und nackt.

[4] Bei Heius gab es im Haus eine sehr alte Kapelle von großer Würde, die von den Vorfahren hinterlassen worden ist, in welcher vier wunderschöne Plastiken von höchster Kunstfertigkeit und höchster Berühmtheit, die nicht nur diesen kunstsinnigen und kunstverständigen Menschen, sondern jeden von uns, die dieser Laien nennt, erfreuen können: einen der marmornen Cupidos des Praxiteles […] freilich habe ich, seitdem ich gegen diesen Material sammle, die Namen der Künstler gelernt. Der selbe Künstler, meine ich, schuf jenen Cupido der selben Art, der sich in Thespiae befindet, weswegen Thespiae gesehen wurde, denn ich musste keine andere Sache sehen. Und jener Lucius Mummius berührte, als er die Musenstatuen, die beim Tempel der Felicitas sind, und die übrigen profanen Plastiken aus jener Stadt wegbrachte, diesen marmornen Cupido nicht, da er geweiht war.

[5] Aber damit ich zu jener Kapelle zurückkehre: Diese Statue des Cupido, von der ich spreche, war aus Marmor, andererseits der gewaltige Herkules aus Bronze gemacht. Dieser soll von Myron sein, wie ich meine, und so ist es auch. Ebenso waren vor diesen Göttern Hausaltäre, die die Religion einer jeden Kapelle zeigen können. Es gab außerdem zwei bronzene Statuen, nicht die größten, aber von außerordentlicher Schönheit, von jungfräulicher Gestalt und Kleidung, die nach Sitte der Athenischen Jungfrauen mit emporgehobenen Händen auf ihre Köpfe gelegte gewisse Opferkörbe trugen. Diese selbst wurden Korbträgerinnen genannt. Aber deren Künstler – wer? wer denn? richtig eingesagt – man nannte ihn Polykleitos. Sobald ein jeder von uns nach Messina gekommen, pflegte er diese Plastiken zu besichtigen. Diese standen allen täglich zur Besichtigung offen. Das Haus gereichte dem Herrn nicht mehr als der Stadt zur Zierde.

[…]

[7] Diese ganzen Plastiken, die ich nannte, ihr Richter, hat Verres von Heius aus der Kapelle weggenommen.

[…]

[72] Er führte sich in dieser Provinz 3 Jahre so auf, dass der Eindruck entstehen musste, dass von diesem nicht nur den Menschen, sondern auch den Unsterblichen Göttern Krieg angesagt worden ist. Segesta ist eine sehr alte Stadt in Sizilien, ihr Richter. Man zeigt, dass diese von Äneas, der aus Troja geflohen und in diese Gegend gekommen ist, gegründet worden sein. Deshalb glauben die Segestaner, dass sie nicht nur durch ewige Loyalität und Freundschaft, sondern auch durch Blutsverwandtschaft mit dem römischen Volke sehr verbunden seien. Einst ist diese Stadt, als jene Bürgerschaft auf eigene Faust und aus eigenem Antrieb mit den Puniern gekämpft hatte, mit Gewalt eingenommen und zerstört worden, und alles, was der Stadt zum Schmuck gereichen konnte, ist aus jenem Ort nach Karthago gebracht worden.
Bei den Segestanern gab es ein Ebenbild der Diana aus Bronze, wenn schon ausgezeichnet mit höchster und ältester religiöser Verehrung, dann erst recht perfekt durch die einzigartige Kunstfertigkeit. Nachdem dieses nach Karthago gebracht worden war, hatte es nur den Ort und die Menschen gewechselt, die religiöse Verehrung bewahrte es gewiss. Wegen der außerordentlichen Schönheit nämlich schien es sogar den Feinden würdig, dass sie es mit großer Religiosität verehrten.

[73] Einig Jahrhunderte später nahm P. Scipio im dritten Punischen Krieg Karthago ein. Im Zuge des Sieges befahl er, – seht die Tugend und Sorgfalt des Menschen und freut euch am Beispiel aus der eigenen Geschichte von ausgezeichneter Tugend und beurteilt die eines umso größeren Hasses würdige Frechheit dieses da! – nachdem alle Sizilianer zusammengerufen worden war, weil er erfahren hatte, dass Sizilien sehr lange und sehr oft von den Karthagern geplündert worden war, alles zu beschlagnahmen. Er versprach, dass es ihm eine große Sorge sein werde, dass alles, das einer jeden Stadt gehört habe, den Städten zurückzugeben.
Dann wurde das, was einst aus der Himera weggenommen worden war, worüber ich zuvor sprach, den Thermitanern zurückgegeben, dass anderes den Galensern, dann anderes den Agrigentinern, unter welchem auch jener berühmte Stier den Phalaris, der schrecklichsten aller Tyrannen, gehabt haben soll, in welchen er lebendige Menschen zum Zwecke der Hinrichtung hineinzustecken und darunter Feuer zum machen pflegte. Als Scipio diesen Stier den Agrigentinern zurückgab, soll er gesagt haben, es sei angemessen, dass sie überlegten, ob es den Agrigentinern nützlicher sei, dem Ihren als Sklave zu dienen, oder dem römischen Volke zu gehorchen, weil sie das selbe Mahnmal sowohl für die einheimische Grausamkeit als auch für unsere Milde hätten.

[74] Zur jener Zeit wurde die Diana von der wir sprechenden Segestanern mit größter Sorgfalt zurückgegeben; sie wurde nach Segesta zurückgebracht. Sie wurde mit höchster Freude der Bürger an ihren alten Platz zurückgestellt. Diese wurde in Segesta auf einem wirklich erhabenen Sockel aufgestellt, auf dem mit großen Lettern der Name des P. Scipio eingraviert war und geschrieben stand, dass dieser sie nach der Eroberung Karthagos zurückerstattet habe. Sie wurde von den Bürgern verehrt, von allen Ankömmlingen besucht. Als ich Quästor war, wurde mir von jenen nichts früher gezeigt. Es war eine ziemlich stattliche und erhabene Plastik mit einer Stola, trotzdem war in dieser Größe die Gestalt und das Alter einer Jungfrau. An der Schulter hingen Pfeile, in der linken Hand hielt sie einen Bogen, mit der rechten trug sie eine brennende Fackel voraus.

[75] Als dieser da, der Feind und Räuber aller Heiligtümer und religiöser Gegenstände, diese gesehen hatte, fing er, als ob er von jener Fackel selbst getroffen worden wäre, an vor Begierde und Wahnsinn zu brennen. Er befahl den Beamten, diese vom Sockel zu reißen und ihm zu geben. Er zeigte, dass ihm nichts angenehmer sein werde. Jene aber sagten, dies sei ein Frevel für sie und sie würden wenn schon durch höchste religiöse Bedenken dann erst recht durch Furcht vor den Gesetzen zurückgehalten. Dieser da verlangte mal von ihnen, mal drohte er mal zeigte er er Erwartungen, mal Furcht. Jene entgegneten ihm immer wieder mit dem Name P. Scipios . Sie sagten, jene gehöre dem römischen Volke; sie hätten keine Macht über sie, weil der überaus berühmte Feldherr gewollt hätte, dass sie nach der Eroberung der Stadt der Feinde ein Denkmal für den Sieg des römischen Volkes sei.

[76] Als dieser da um nichts weniger hartnäckig und sogar noch heftiger täglich darauf bestand, wurde die Angelegenheit im Senat verhandelt: sie wurde von allen heftig zurückgewiesen. Und so wurde sie zu dieser Zeit bei seiner ersten Ankunft abgewiesen. Später erlegte er den Segestanern was es auch immer Belastungen bei der Stellung von Seeleiten und Ruderern und beim Fordern des Getreides gab, mehr als den übrigen auf, viel mehr als sie ertragen konnten. Außerdem lud er deren Beamten vor und befahl jeden der besten und edelsten zu sich, er zerrte sie um die Foren aller Provinzen, er verkündete , dass er einem jedem zum Untergang gereichen werde und drohte jener Stadt, er werde sie völlig vernichten.
Deshalb beschlossen die vom vielen Schlechten und der großen Furcht zermürbten Segestaner irgendwann, dass dem Befehl zu gehorchen sei. Unter großer Trauer und Seufzen der ganzen Stadt, mit vielen Tränen und Klagen aller Männer und Frauen gab man den Auftrag das Ebenbild der Diana wegzubringen.

[…]

[106] Alt ist diese Meinung, ihr Richter, die aus ältesten schriftlichen und künstlerischen Denkmälern feststeht, dass die ganze Insel der Ceres und der Libera geweiht ist. Wenn schon die übrigen Völker das so glauben, dann sind die Sizilianer selbst erst recht davon überzeugt, dass es scheint, dass das in ihre Seelen eingepflanzt und eingeboren sei. Denn sie glauben, dass diese Göttinnen sowohl an diesen Orten geboren wurden, als auch die Früchte auf dieser Erde zum ersten Male erfunden worden seinen, und dass Libera, die sie auch Proserpina nennen, aus dem hennischen Hain geraubt worden sei. Dieser Ort wurde, weil er in der Mitte der Insel gelegen ist, Nabel Siziliens genannt. Als Ceres diese entdecken und finden wollte, soll sie Fackeln mit diesem Feuer, das aus dem Krater des Ätna hervorbricht, angezündet haben. Während sie diese vor sich selbst trug, soll sie den ganzen Erdkreis durchwandert haben.

[107] Henna aber, wo sich das, von dem ich spreche, zugetragen haben soll, liegt an einem sehr erhabenen und exponierten Ort. Auf dessen höchster Höhe gibt es ein Plateau und nie versiegende Quellen. Das ganze ist von jedem Zugang ringsum abgeschnitten und steil abfallend. Rund herum um diese gibt es einen Seen, Heine und zu jeder Jahreszeit farbenprächtige Blumen, sodass es scheint, der Ort selbst veranschauliche jenen Raub der Jungfrau, von dem wir schon in Kindertagen erfahren haben. Denn in der Nähe gibt es eine gewisse Höhle, die nach Norden gerichtet ist und eine unendliche Tiefe hat. Man sagt, der göttliche Vater (Pluto) sei plötzlich dort mit einem Wagen erschienen und habe die Jungfrau, nachdem er sie an sich gerissen hatte, mit sich von diesem Ort weggebracht und sei nicht weit von Syrakus plötzlich in die Erde eingedrungen und ein See habe sich an diesem Ort schlagartig aufgetan, wo die Syrakusaner bis zur heutigen Zeit alljährlich Feiern mit äußerst belebter Zusammenkunft von Männern und Frauen abhalten. Wegen des Alters dieses Mythos', weil nämlich die Spuren an diesen Orten und in der Nähe die Wiegen dieser Götter gefunden wurden, gibt es in ganz Sizilien die geradezu sonderbare private und öffentliche Verehrung der hennischen Ceres. Viele Wunder nämlich zeigen oft ihre Macht und ihren Willen. In vielen besonders schwierigen Situationen ist oft direkte Hilfe von ihr gebracht worden, dass diese Insel nicht nur von ihr geliebt sondern auch bewohnt und bewacht zu werden scheint.

[108] Nicht nur die Sizilianer, sondern auch die übrigen Völker und Nationen verehren die hennische Ceres in höchstem Maße. Denn wenn die Heiligtümer der Athener, zu denen Ceres auf ihrer Irrfahrt gekommen und die Früchte gebracht haben soll, mit höchster Inbrunst aufgesucht werden, wie groß muss dann die religiöse Verehrung derer sein, von denen feststeht, dass sie bei ihnen geboren wurde und die Früchte erfunden hat? Deshalb ging man zur der Zeit unsrer Väter in der grässlichen und schweren Zeit des Staates, als die Furcht vor großen Gefahren aus den Vorzeichen gelesen wurde, nachdem Tiberius Graccus getötet worden war, unter dem Konsulat des Publius Mucius und des Lucius Calpurnius zu den Sybillinischen Büchern. Anhand von diesen Fand man heraus, dass es nötig sei, die überaus alte Ceres zu beschwichtigen. Dann sind trotzdem Priester des römischen Volkes aus dem überaus bedeutenden Kollegium der Decemvirn nach Henna aufgebrochen (obwohl es in unserer Stadt einen sehr schönen und prächtigen Tempel gibt). Den so groß war das Ansehen und die Schönheit dieses Kultes, dass sie, weil sie dorthin gingen, nicht zum Tempel der Ceres, sondern zu Ceres selbst zu gehen schienen.

[109] Ich werde euch nicht länger belästigen; Ich befürchte nämlich schon lange, dass meine Rede von der Meinung der Richter und der täglichen Gewohnheit des Sprechens fremd zu sein scheint. Ich sage folgendes: selbst diese uralte religiös überaus bedeutsame Ceres, die Führerin aller Kulte, die bei allen Völkern und Nationen abgehalten werden, ist von Gaius Verres aus ihrem Tempel und Wohnsitz weggenommen worden.

[…]

[117] Ihr habt oft gehört, dass die Stadt Syrakus die größte der griechischen und die schönste von allen ist. Es ist, ihr Richter, so wie es gesagt wird. Denn es ist einerseits von einer Lage, die natürlichen Schutz bietet, andererseits von jeder Ankunft, zu Wasser und zu Lande, schön anzuschauen. Und hat Häfen, die fast zur Gänze vom umrahmenden Stadtbild eingeschlossen sind. Obwohl diese voneinander verschiedene Zufahrten haben, sind sie bei der Ausfahrt verbunden und fließen zusammen. Der Teil der Stadt bei ihrer Verbindung, der "Insel" genannt wird, ist durch eine Meerenge abgetrennt und wird durch eine Brücke wieder verbunden und zusammengehalten.

[118] Diese Stadt ist so groß, dass gesagt wird, dass sie aus vier sehr großen Städten bestehe. Deren eine ist , wie ich sagte, die "Insel", die von zwei Häfen umgeben ist und der Ein- bzw. Ausfahrt eines jeden der beiden Häfen vorgelagert. Auf dieser ist das Haus, das dem König Hiero gehörte und das die Prätoren zu benutzen pflegen. Auf diesem Anwesen gibt es mehrere Tempel, aber zwei, die die übrigen bei weitem übertreffen, einen der Diana und einen anderen der Minerva, der vor der Ankunft dieses da reich geschmückt war. Auf dieser "Insel" gibt es außerdem eine an Fischen überaus volle Süßwasserquelle von unglaublicher Größe, die den Namen Arethusa hat und die durch das Meer ganz bedeckt werden würde, wenn sie nicht durch einen Steinwall vom Meer getrennt wäre. […]

[…]

[122] Der Tempel der Minerva ist auf der Insel, von der ich zuvor sprach; Marcellus hat diesen nicht angerührt; Er ließ ihn voll und geschmückt zurück. Dieser wurde von dem da verwüstet und geplündert, dass er nicht von irgendeinem Feind, der im Krieg trotzdem die Religion und Rechte der Gewohnheit beachtet, sondern von barbarischen Räubern heimgesucht worden zu sein scheint. Der Reiterkampf des König Agathokles war auf diesen Gemälden vortrefflich aufgezeichnet. Die Innenwände des Tempels aber wurden mit diesen Gemälden bekleidet. Nichts war edler als diese Bilder, es gab nichts in Syrakus, das für sehenswerter gehalten wurde. Diese Gemälde rührte Marcus Marcellus, obwohl er sich alles Profane nach jenem Siege zu eigen gemacht hatte, von Religiöser Scheu gehindert trotzdem nicht an. Dieser da nahm die Gemälde, weil ihm wegen des ununterbrochenen Friedens und Treue des syrakusanischen Volkes jenes heilige und religiöse überlassen worden war, weg und ließ die Wände, deren Schmuck so viele Jahrhunderte überdauert und so viele Kriege überstanden hatte, nackt und entstellt zurück.


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